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ehrwürdig. Von tiefer Frömmigkeit erfüllt, legte er auf das Irdische und
Gemeine keinen Werth; aber da er zugleich Weltverstand und Beredsamkeit
besaß, so war er schon früh in die Händel der Welt eingeweiht worden und
wußte, wie mit Menschen und Völkern umzugehen war. Vorzüglich aber
zeichnete ihn eine aus innigem Glauben hcrvorgegangene eiserne Festigkeit
des Willens aus, und diesen richtete er ganz darauf, die Kirche zu läutern
und zu stärken, um durch sie die Welt zu bessern und zu heiligen. Zunächst
führte er das Verbot der Priesterehe durch: die Geistlichkeit sollte nicht
durch Familienbande an das Irdische geknüpft, sondern bloß von ihm als
ihrem unumschränkten Oberherrn abhängig sein. Ferner verbot er strenge
die Simonie, d. h. den Verkauf geistlicher Stellen, und legte sich als
Pabft die bisher den Fürsten zustehende Macht bei, den Bischöfen und
Aebten durch Darreichung des Ringes und des Hirtenstabes das Recht zur
Ausübung ihres geistlichen Amtes zu ertheilen. Aber er wollte auch alle
weltlichen Fürsten sich unterwerfen. Er erklärte, der Pabft sei der Nach-
folger des heil. Petrus und Statthalter Christi auf Erden; die geistliche
Herrschaft müsse die weltliche leiten, wie die Sonne den Mond.
Bei diesem Manne also brachten die Sachsen ihre Klagen vor. Der
Pabst forderte den Kaiser zur Rechenschaft. Als Heinrich sich dieser Zu-
muthung weigerte, sprach Gregor den Bann über ihn aus. Anfangs lachte
der Kaiser dessen, aber nicht nur alle seine Feinde traten jetzt offen gegen
ihn auf, sondern auch diejenigen, welche er mit Wohlthaten überhäuft hatte,
verließen ihn, und als endlich sogar die Fürsten drohten, einen anderen
Kaiser zu wählen, wenn er sich nicht mit dem Pabst versöhne, da entschloß
er sich, nach Italien zu reisen, um mit Gregor Frieden zu machen. Im
Winter des Jahres 1077 trat er mit seiner Gemahlin Bertha, die er oft
schwer gekränkt hatte, die ihm aber jetzt Böses mit Gutem vergalt, und
mit seinem Söhnlein die Pilgerfahrt an. Er kam an die Alpen. Hier
hatten ihm seine Feinde, welche wünschten, daß er im Banne bliebe, alle'
gebahnten Wege versperrt. Da mußte er einen großen Umweg durch Frank-
reich machen und über die Seealpen sich einen Weg nach Italien suchen.
Ueber verborgene, kaum dem Gemsjäger gangbare Pfade stieg er mühsam
hinan. Und doch war die größte Eile nöthig; denn die Frist, welche ihm
die Fürsten gesetzt hatten, neigte sich schon ihrem Ende zu. Endlich war
die Höhe des Gebirges erreicht; aber noch größere Mühseligkeiten und Ge-
fahren bot die andere Seite dar. Diese war so abschüssig, daß man keinen
festen Fuß fassen konnte. Auf Leben und Tod mußte der Versuch gewagt
werden. Die Männer krochen auf Händen und Füßen; die Frauen wur-
den in Schläuchen von Ochsenhäuten an Seilen hinabgelassen. An den
gefährlichsten Stellen wurden die Pferde vorangelassen, indem man ihnen
die Beine zusammenband und sie an Stricken hinunter gleiten ließ, wobei
mehrere umkamen. Mit beispielloser Geduld bestand Heinrich alle Mühselig-
keiten und Gefahren der Reise, um sich nur wieder mit dem Pabste auszusöhnen.
Gregor war bei Heinrich's Ankunft gerade auf seiner Reise zum
Reichstage nach Augsburg begriffen und eben in Oberitalien angelangt.
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Extrahierte Personennamen: Christi Heinrich Heinrich Gregor Gregor Gregor Gregor Bertha Heinrich Heinrich Gregor
225
Zahllos sind die Haufen der Heiden; aber mit uns ist der mächtigste
Helfer, Christus mit seinen Scharen. So laßt uns aushalten und lieber
sterben, als weichen! Doch wozu viel Worte? Statt der Zunge rede
das Schwert!" Hoch zu Roß, den Schild am Arm, sprengt er jetzt im
Glanz der Morgensonne seinen Deutschen voran. Nun beginnt die
Schlacht. Unwiderstehlich rückt das deutsche Heer, Mann an Mann, gegen
die Ungarn heran. Schon weichen diese aus einander; aber um so heißer
wird ihre Wuth. Viele deutsche Helden müssen sie fühlen. Endlich wer-
den die Haufen der Ungarn zersprengt. Die Deutschen vernichten die
wenigen, welche widerstehen. Jetzt wird die Verwirrung der Ungarn allge-
mein; ihr Entsetzen wachst; die weite Ebene wimmelt von Flüchtlingen.
Heulend sprengen sie in den Lech; aber der ist gut deutsch und laßt weder
Rosse noch Reiter los; Leichen füllen das Flußbett; die blutgefärbten
Wasser schwellen über. — So wird das übermüthige Volk vernichtet; nur
wenige entrinnen dem heißen Tag. Noch am Abend zieht Otto mit dem
Bischof Ulrich glorreich in Augsburg ein und dankt dem Herrn für Deutsch-
lands Befreiung.— Die Ungarn aber wagten sich seitdem nicht wieder aus
ihrem Lande hervor; Deutschland war fortan gegen ihre Räubereien
gesichert.
Auch in Italien kämpfte Otto siegreich; in Rom empfing er die
Kaiserkrone, welche seitdem mit der deutschen vereinigt blieb. Er endete
sein thatenreiches Leben im Jahre 973 ; seine treue Stadt Magdeburg
birgt seine Gebeine.
7. Gregor Vh. und Heinrich Iv.
Nachdem das sächsische Herrschergeschlecht ausgestorben war, wählten
die deutschen Fürsten einen neuen Kaiser aus fränkischem Hause.
Heinrich Iii. regierte sehr kräftig, aber er starb zu früh und hinterließ als
Erben des Reiches einen erst sechsjährigen Knaben, Heinrich Iv. Um seine
Vormundschaft und Erziehung stritten sich zwei Erzbischöfe; aber indem er
bald von übermäßiger Strenge geleitet, bald durch zu große Milde und
Nachsicht verzogen ward, erwuchs er zu einem leidenschaftlichen und jäh-
zornigen Jüngling, der nur seinen Gelüsten folgte. Kaum mündig gewor-
den, bedrückte er die Sachsen ungebührlich und behandelte sie übermüthig
und grausam; sie empörten sich und zwangen ihn zu einem Frieden, worin
xr alle in ihrem Lande angelegten Burgen, darunter die Harzburg, der
Zerstörung preisgeben mußte. Später unterwarf er zwar wieder die Sach-
sen, aber da er anfing, die zerstörten Schlösser wieder aufzubauen, wandten
sie sich mit ihren Klagen an den Pabst Gregor Vii.
Dieser außerordentliche Mann, früher H i l d e b r a n d geheißen, Sohn
eines kleinen Grundbesitzers in Toscana, hatte sich durch bedeutende Gei-
stesgaben vom einfachen Mönch zum Rathgeber von vier auf einander fol-
genden Päbsten und zuletzt selbst zum Oberhaupt der Kirche emporgeschwun-
gen. Ein unsträfliches Leben und Verzicht auf alle Weltlust machten ihn
Vaterländisches Lesebuch. 15
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Ungarn Ungarn Augsburg Deutschland Italien Rom Magdeburg Sachsen Harzburg Toscana
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Er erschrak, als er hörte, der Kaiser sei im Anmarsche; denn er vermeinte,
Heinrich komme, um sich für die ihm angethane Schmach zu rachen. Und
wirklich hätte Heinrich solches thun können; denn die lombardischen Großen
und Bischöfe kamen ihm frohlockend entgegen, in der Hoffnung, er würde
sic gegen den strengen Gregor anführen. Sie boten ihm alle ihre Hülfe
an ; aber Heinrich wies sie mit den Worten ab: „Ich bin nicht gekommen,
zu kämpfen, sondern Buße zu thun."
Gregor war schnell von seinem Wege abgewichen und in das feste
Schloß Kanossa zu seiner Freundin, der reichen Markgrafin Mathilde von
Toscana, geflohen. Er freute sich nicht wenig, als er hörte, daß der deutsche
König sich als büßender Pilger ihm nahe. Sobald Heinrich in Kanossa
anlangte, ließ er durch die Markgräfin den Pabst bitten, ihn vom Bann-
spruche zu lösen; er wolle sich jeder Bußübung unterziehen, die der heilige
Vater ihm auferlegen würde. Seine Bitte ward ihm gewährt. Gregor
verlangte jedoch, daß Heinrich im Büßerhemde vor ihm erscheine. Und
der König von Deutschland und Italien mußte, nur mit einem wollenen
Hemde angethan, entblößten Hauptes und barfuß im Schloßhofe auf des
Pabstes Entscheidung harren. Drei Tage lang stand so der Unglückliche,
ohne sich durch Speise und Trank zu erquicken. Die Markgräfin und die
anderen Freunde Gregor's wurden durch das Weinen Heinrich's so gerührt,
daß sie unter Thränen Fürbitte beim Pabff einlegten; ja einige riefen so-
gar, das sei mehr als apostolische Strenge, das sei tyrannenmäßige Grau-
samkeit. Endlich am vierten Tage ließ der Pabst den Büßenden vor sich
kommen und sprach ihn unter der Bedingung vom Banne los, daß er ruhig
nach Deutschland gehe und sich aller königlichen Gewalt cntschlage, bis aus
einem Reichstage entschieden sei, ob er König bleiben solle oder nicht. —
Einen so harten Bescheid hatte Heinrich doch nicht erwartet. Mit Unwillen
und Zorn im Herzen schied er von Gregor, nach der günstigen Stunde sich
sehnend, wo er sich rächen könnte.
Bald brach er daher den mit ihm geschlossenen Vertrag, aber dies
veranlaßte die deutschen Fürsten, den Herzog Rudolf von Schwaben
zum König zu wählen. Heinrich kehrte nach Deutschland zurück und be-
siegte zwar seinen Gegcnkönig, aber das Reich litt furchtbar durch diese
inneren Unruhen, und das kaiserliche Ansehen sank immer tiefer. Da sich
endlich sogar seine eigenen Söhne gegen ihn empörten, endete er, der mit
so schönen und edlen Gaben ausgerüstete Kaiser, voll Gram sein verlorenes
Leben in Lüttich 1106.
8. Die Eroberung Jerusalems.
Im Jahre 1094 erschien in Frankreich und Italien ein Mann, der
barhaupt und barfuß auf einem Esel ritt. Er nannte sich Peter und
war von Amiens in Frankreich. Ein langes Pilgergewand, von einem
Strick zusammengehalten, umwallte den hageren Leib. Die dürren Hände
hielten ein Crucifix. Seine großen, dunklen Augen glühten in unheirn-
15*
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gregor Heinrich Heinrich Gregor Mathilde_von
Toscana Heinrich Heinrich Gregor Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gregor Gregor Rudolf_von_Schwaben Rudolf Heinrich Heinrich Peter
Extrahierte Ortsnamen: Kanossa Deutschland Italien Deutschland Deutschland Lüttich Jerusalems Frankreich Italien Amiens Frankreich
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Noch größere Schwierigkeiten fand der unermüdliche Mann in
Thüringen, denn hier widerstrebten auch viele irrgläubige und sittenlose
Priester seinen Anordnungen, sodaß er viele ihres Amtes entsetzen und
neue an ihre Stelle berufen mußte. Dennoch ließ er nicht nach in seinem
Eifer; überall gründete er Kirchen und Klöster, und wie er selber mit dem
feurigsten Glauben die werktätigste Liebe verband, so wurden auch die
unter seinem Einfluß gestifteten Klöster bald Zufluchtsörter für die Be-
drängten, Herbergen für die Wanderer, Spitäler für die Kranken und
Pflanzstätten für Kunst und Wissenschaft.
Nach diesen Erfolgen ertheilte ihm der Pabst die Würde eines Erz-
bischofs und lud ihn ein, noch zum dritten Mal nach Rom zu kommen.
Während dieses Besuches kamen seine Pläne für die Gestaltung der deutschen
Kirche zur Reife: als er zurückkehrte, war er fest entschlossen, die Kirchen-
verfassung des ganzen Landes gleichmäßig zu ordnen und den Pabst zum
Schiedsrichter derselben zu machen. Zu dem Ende theilte er Baiern in
vier bischöfliche Sprengel, gründete neue Bisthümer in Thüringen und
Franken und berief im Jahre 742 die erste deutsche Kirchenversammlung,
welche strenge Gesetze gegen den anstößigen Lebenswandel vieler Geistlichen
erließ und feierlich den römischen Bischof oder Pabst für das Oberhaupt
der deutschen Kirche erklärte. Im Einverständniß mit Pipin stellte er
dann auch im westlichen Theil des Frankenreiches, dem heutigen Frank-
reich, dieselbe Kirchenverfassung her und ließ die Oberhoheit des Pabstes
von allen Bischöfen anerkennen.
Nachdem Bonifacius 30 Jahre lang'für die Ausbreitung des Christen-
thums in Deutschland gewirkt batte, ward er zum Erzbischof von Mainz
gewählt. In dieser mächtigen Stellung salbte er Pipin den Kleinen, den
starken Reichsverweser des Frankenreiches, zum König; aber die Vollmacht
dazu ließ er sich vom Pabste geben, sodaß auch dies Ereigniß wesentlich
dazu beitrug, die strenge kirchliche Ordnung und die Oberhoheit des Pabstes
zu befestigen.
Aber obgleich er so der erste Kirchenfürst Deutschlands war, vergaß
er doch nicht seiner eigentlichen Lebensaufgabe, der mündlichen Verkündigung
des Evangeliums und der Heidenbekehrung. In seinem siebzigsten Jahre
legte er seine erzbischöfliche Würde nieder und ging noch einmal als
Glaubensbote oder Missionar zu den westlichen Friesen. Keine Gefahr
oder Beschwerde achtend, zog er von Ort zu Ort und predigte mit solcher
Begeisterung, daß täglich Hunderte sich taufen ließen. Aber in der Gegend
des heutigen Gröningen drang eine Schar heidnischer Friesen, voll
Erbitterung über die Zerstörung ihrer Götzenbilder, auf ihn ein; seine
Begleiter griffen zu den Waffen, aber er verbot ihnen jeden Widerstand,
indem er auf die fromme Ergebung des Heilandes verwies ; und so erlitt
er mit 52 Genossen den Märtyrertod im Jahve 755. Sein Schwert und
Schild war der Glaube an Jesus Christus; aber mit dieser Wehr und
Waffe hat er Dinge vollbracht, die vorher unmöglich erschienen waren.
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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unterrichtet und brachte es wirklich in den Wissenschaften recht weit. Aber er war sehr eingebildet auf sein Wissen; er nahm griechische Sitten an, verachtete die Gewohnheiten der Deutschen und wollte, daß diese sich nach ihm bilden sollten. Kein Wunder, daß es ihm in Deutschland nicht gefiel. Er zog dreimal nach Italien, und hier gefiel es ihm so wohl, daß er schon daran dachte, in Rom seine Residenz für immer aufzuschlagen. Aber bald lernte er die Tücke der Italiener kennen. Es entstand nämlich in Rom, während er die benachbarte Stadt Tivoli belagerte, ein gewaltiger Aufruhr gegen ihn. Das Volk sperrte die Tore und die Straßen und hieb mehrere von des Kaisers Begleitern nieder. Otto mußte Rom förmlich belagern. Doch bald sahen die Römer, daß sie unterliegen müßten, und nun versprachen sie Unterwerfung. Er nahm diese an, bestieg aber, ehe er einzog, einen der Belagerungstürme und hielt eine Rede an die Römer. „Seid ihr nicht meine Römer?" sagte er. „Aus Liebe für euch habe ich mein Vaterland und meine Verwandten verlassen und euch als meine Kinder betrachtet. Und nun, zum Dank dafür, habt ihr mich, euern Vater ausgeschlossen. Dennoch trage ich euch in meinen Herzen; denn ich weiß, nur einige Verruchte haben euch aufgewiegelt." Wirklich wurde das Volk dadurch bis zu Tränen gerührt und lieferte die Rädelsführer aus. Nun hielt er seinen Einzug. Einige Monate darauf war er schon eine Leiche; er starb in Rom 1002. Er war 21 Jahre alt geworden und hinterließ keine Kinder.
Eine Verirrung Ottos müssen wir hier noch erwähnen. Man glaubte aus einigen falsch verstandenen Stellen der Offenbarung Johannis annehmen zu müssen, daß im Jahre 1000 die Welt untergehen würde. Die Vernünftigeren durften ihre Zweifel nicht laut werden lassen, um nicht für Irrgläubige gehalten zu werden. Und als sich nun kurz vor dem Jahre 1000 ein Komet sehen ließ und ein Erdbeben hier und da Verwüstung anrichtete, war die Sache gar nicht mehr zu bezweifeln. Jeder bereitete sich nun auf die große Erscheinung nach seiner Art vor; manche verjubelten das, was sie hatten, weil sie ja nachher nichts mehr nötig hätten; andere warfen sich vor den Altären nieder, beichteten und ließen sich Absolution
5*
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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des Verlustes seines Lehens. Die meisten fanden sich auch ein und beugten das stolze Haupt vor dem Fürsten, der ihnen zeigte, daß er zu gebieten verstände. In Rom erhielt er in Gegenwart des damals noch lebenden Rudolf von Burgund und Knuts des Großen von Dänemark die Kaiserkrone. Späterhin riefen ihn neue Unruhen der Lombarden zum zweitenmal nach Italien. Ter verräterische Erzbischof von Mailand brachte sie gegen den Kaiser noch mehr auf, und als dieser mit großer Heeresmacht aus ihn losging, brach eine Seuche in seinem Lager aus, die einen großen Teil der Deutschen hinwegraffte, so daß also Italien wieder das Grab dieser Nation wurde. Selbst mehrere von des Kaisers nächsten Verwandten starben, und mißmutig und selbst kränklich kehrte er nach Deutschland zurück. Aber auch hier gab es der Unordnungen genug, besonders in Burgund, wo die Befehdung der großen und kleinen Herren alle Sicherheit aufhob. Da begab sich Kcrnrnb nach Burgunb und machte ans einem Reichstage in Solothurn den Gottesfrieben bekannt. Es waren nämlich hier einige wohlmeinende Bischöfe auf den Gebanken gekommen, daß, wenn die Ritter burchaus der Befehbungen sich nicht enthalten konnten, wenigstens einige Tage in der Woche bavon ausgenommen sein sollten. An bieseit sollte ein allgemeiner Waffenstillstanb stattfinben, und wer ihn bräche, sollte als ein Übertreter göttlicher Gebote betrachtet und von der Kirchengemein-schast ausgeschlossen werden, denn Gott habe ihn selbst durch einen vom Himmel herabgefallenen Brief geboten. Dies nannte man den Frieden Gottes. Frankreich nahm ihn zuerst an, und nun machte Konrab ihn auch in Burgunb bekannt. Von Mittwoch abenb bis Montag früh sollte er gelten. Das war nun recht löblich; aber leiber würde er nicht immer gehalten, und selbst der Kaiser war nicht mächtig genug, jeben Frevler zu strafen. — Konrab starb noch einer fünfzehnjährigen ruhmvollen Regierung in Utrecht 1039 und liegt im Dom von Speier begraben.
Ihm folgte fein ältester Sohn Heinrich Iii. (1039—1056), ein noch klügerer, tapferer und tätigerer Mann als fein Vater. So kräftig wie er hatte feit Karl dem Großen kein Kaiser die kaiserliche Gewalt gehanbhcibt. Zuerst zeigte er bies gegen die Un-
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Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
74
gcirn. Diese sonst so wilde Nation war durch die Annahme des Christentums viel milder geworden. Jetzt hatte sie ihren König Vertrieben, der zu Heinrich seine Zuflucht nahm. Dieser zog dreimal gegen die Ungarn, unterwarf sie und zwang den König, das Land von ihm zu Lehen zu nehmen. Heinrich konnte zwar diese Oberherrschaft auf die Dauer nicht behaupten; indessen war es schon eine Ehre, für einige Zeit als Herr anerkannt worden zu sein.
Ebenso kräftig verfuhr Heinrich gegen die Päpste. Es gab deren damals zu gleicher Zeit drei, die sich miteinander um die Würde lebhaft stritten. Nun erschien Heinrich in Italien, berief nach Sntri (1046) eine Kirchenversammlung und setzte hier zwei Päpste ab; der dritte legte seine Würde freiwillig nieder. Dann wurde unter Heinrichs Vorsitz vom römischen Volke und von den Geistlichen ein neuer Papst gewählt, der ihn in Rom feierlich krönte; denn es war üblich geworden, daß der deutsche König nicht eher Kaiser hieß, bis er die Krönung empfangen hatte. Jetzt gab Heinrich das Gesetz, daß die Römer ohne Bewilligung des Kaisers nie einen Papst wählen sollten. Da der Papst bald nachher starb, so gab er den Römern nacheinander drei Päpste, alle Deutsche: denn nach dem Tode eines jeden baten sie ihn, ihnen einen neuen Papst zu geben.
Auch in Deutschland zeigte er, daß er von der Würde des Kaisers einen hohen Begriff hatte. Er entsetzte mehrere ungehorsame Fürsten und verschenkte die von ihnen besessenen Länder an anvere, die ihm gehorsamer waren; denn damals hatten die Kaiser noch das Recht, die Herzogtümer als Lehen zu verleihen, an wen sie wollten. Daß die Fürsten mit des Kaisers kräftigem Eingreifen nicht zufrieden waren, läßt sich leicht denken, und als er seinen dreijährigen Sohn Heinrich Iv. von ihnen zum Thronfolger wählen ließ, versprachen sie diesem zwar Gehorsam, aber mit dem ausdrücklichen Vorbehalte, „wenn er mit Gerechtigkeit regieren würde". Der Kaiser starb in der Blüte der Jahre, erst 39 Jahre alt, auf einer Jagd im Harzgebirge (1056) und liegt ebenfalls in Speier begraben.
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Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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der es bisher als selbstverständlich angesehen hatte, daß er insbesondere die Bischöfe in ihr Amt einsetzte. Wir müssen hierbei berücksichtigen, daß die Bischöfe damals auch Landesfürsten waren und daß weit mehr als die Hälfte Deutschlands sich in geistlichen Handen befand. Wollte der Kaiser auf ihre Einsetzung verzichten, so war seine Macht völlig gebrochen; denn auf die weltlichen Fürsten konnte er sich schon lange nicht mehr verlassen. Dazu kam noch, daß dem Kaiser, wenn die Bischöfe und Äbte durch den Papst eingesetzt wurden, eine bedeutende Einnahmequelle verloren ging. Bisher war es üblich gewesen, daß diejenigen, die ein geistliches Amt erhielten, mit dem bedeutende Einkünfte verbunden waren, sich dem Kaiser dadurch erkenntlich zeigten, daß sie ihm einen Teil ihrer Einkünfte überließen oder auch wohl eine größere Summe zahlten. Daß dabei die Gefahr nahe lag, denjenigen ein solches Amt zu geben, die am meisten dafür zu zahlen versprachen, ist natürlich, und so waren denn besonders während der Minderjährigkeit Heinrichs vielfach Männer zu kirchlichen Ämtern gelangt, die in ihrem Leben gar kein Vorbild für ihre Untertanen waren. Gregor erklärte nun den Verkauf geistlicher Ämter oder die Simonie als etne Todsünde und drohte allen mit dem Banne, die sich derselben schuldig machten oder schuldig gemacht hatten. Diese Strafe traf denn auch bald einige Räte Heinrichs, und als dieser sich auf die Vorstellungen des Papstes weigerte, sie zu entlassen, forderte ihn ein päpstlicher Legat auf, sich in Rom vor einem geistlichen Gerichte wegen verschiedener Vergehen zu verantworten.
Heinrich war erstaunt und erzürnt über die Anmaßung des Papstes, einen deutschen König nach Rom zu laden. Er jagte die Legaten mit Schimpf von dannen, berief die deutschen Bischöfe nach Worms und hatte die Freude, daß diese Kirchenversammlung die Absetzung des Papstes aussprach. Heinrich unterschrieb mit fröhlichem Herzen und dachte nun aller Gefahren überhoben zu sein. Sein Vater hatte ja auch mehrere Päpste abgesetzt. Aber er vergaß, daß er kein Heinrich Iii. und daß Gregor seinen Vorfahren weit überlegen war. ^as Absetzungsschreiben schickte er nun durch einen mutvollen Gesandten mit einem scharfen Briefe nach Rom, wo
Meisterwerke. Sb. V1il. bosselt. Weltgeschichte 11, ß
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82
eben Gregor die angekündigte Versammlung halten wollte. Was der königliche Gesandte bringe, wußte noch keiner; auch brachte keiner ein Wort von ihm heraus, bis die Versammlung zusammentrat. Hier saß Gregor im päpstlichen Ornate ans seinem erhabenen Stuhle, um ihn herum die Kardinäle und Bischöfe, alle in der Erwartung, der Gesandte werde im Namen seines Herrn die demütigsten Entschuldigungen bringen. Da trat er herein, wandte sich zum Papste und sprach: „Der König, mein Herr, und alle Bischöfe über dem Gebirge und in Italien" (denn die lombardischen Bischöfe hatten zum Teil auch unterschrieben) „verkündigen dir den Befehl: Du sollst den dir angemaßten Stuhl Petri und die römische Kirche gleich verlassen; denn ohne des Königs Genehmigung barfft du dir diese Ehre nicht herausnehmen." Und ehe noch der Pavst sich von seinem Erstaunen erholen konnte, wandte er sich zu den umhersitzenden Geistlichen, die nicht wußten, ob sie recht hörten, und sprach: „Euch, ihr Brüder, wird angesagt, daß ihr zuni nächsten Psingstseste euch vor dem Könige stellen sollt, aus seinen Händen einen andern Papst und Vater zu erhalten; denn dieser hier ist nicht als ein Papst, sondern als ein reißender Wolf erfunden worden."
Wer beschreibt das Erstaunen und den Unwillen, der die Versammlung ergriff! Die Unternehmendsten sprangen wütend von ihren Sitzen auf, stürzten auf den Gesandten ein und hätten ihn zerfleischt, wäre nicht Gregor mit Festigkeit zwischen sie getreten und hätte ihrem Eifer gewehrt. Dann las er den empfangenen Brief des Königs mit lauter Stimme der Versammlung vor. Darin wurden ihm recht derbe Dinge gesagt, und er endete mit den Worten: „Verlaß den apostolischen Stuhl! Es soll ein anderer auf den Stuhl St. Petri steigen, der die rechte Lehre des Apostels lehrt. Ich, Heinrich, durch Gottes Gnade König, und alle unsere Bischöfe sagen dir: steig herab, o steig herab!" — Nach Anhörung dieses Briefes war die Wut gegen den Gesandten fast noch größer, und nur mit Mühe konnte sich der Mann retten. Gleich am folgenden Tage hielt Gregor eine neue Versammlung und sprach hier mit starker Stimme den Bann gegen Heinrich aus mit den Worten: Heiliger Petrus, Fürst der Apostel, neige deine Ohren zu
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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könnten, wäre, ihm ein Jahr Frist zu geben. Wenn er bis dahin vom Banne losgesprochen würde, so wollten sie sehen, was sie töten. Wäre das aber nicht, so sei seine Sache ans ewig verfallen, und sie würden dann Rudolf von Schwaben als ihren König anerkennen.
Das war freilich ein trauriger Trost. Zn seinem Schrecken hörte Heinrich noch, daß im nächsten Februar (1077) die deutscheu Fürsten in Augsburg einen Reichstag halten wollten, zu welchem der Papst eingeladen werden sollte, um seine Sache zu entscheiden. Da dachte er: „Wie wäre es, wenn du dem Papste gute Worte gäbest'? Ehe du da vor allen versammelten Fürsten dich vor ihm als ein reuiger Sünder demütigst, ist es doch besser, du gehst nach Italien und bittest ihn um Aushebung des Bannes. Ein gutes Wort wird ja eine gute Statt finden!" Der Entschluß war schnell gefaßt: aber es fehlte an Geld. Demütig bat er seine alten Freunde, die oft an seiner Tafel geschwelgt hatten, um einigen Vorschuß; aber er erhielt nichts und mußte ärmlicher abreisen als mancher gemeine Edelmann. Einige Tage vor Weihnachten (1076) — es war obendrein ein recht strenger Winter — reifte er von Speier ab. Er hatte niemand bei sich als seine Frau Berta, die jetzt die Not treu mit ihm teilte, sein kleines Söhnchen und einen Mann von unbedeutender Herkunft. So reiste eine Kaiserfamilie. Als er an die Alpen kam, fand er, daß feine Feinde ihm die Pässe durch Tirol und die Schweiz verlegt hatten, um ihm die Aussöhnung mit Gregor zu erschweren. Er mußte also einen sehr großen Umweg durch Burgund machen und über die Seealpen nach Italien reisen. Hierbei hatte der unglückliche Mann mit den größten Beschwerben und Gefahren zu kämpfen. Er mußte über hohe Bergrücken, die mit ungeheuren Schneemassen bedeckt waren, und wo ein eiskalter Winb die Haut an Gesicht und Hänben abriß. Der Schnee war so hart gefroren wie Eis und so glatt, daß Menschen und Pferbe jeben Augenblick in die Abgrünbe stürzen konnten. Und boch war die größte Eile nötig; benn balb war schon die Frist verflossen, welche ihm die Fürsten gesetzt hatten. Wegweiser hatten ihm eine Bahn über den tiefen Schnee brechen müssen. Nun hatte
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